Aktuelles Oktober 2012

Kundenloyalität: Tchibo, dm und Coppenrath & Wiese haben die treuesten Kunden

Loyale Kunden sind ein Garant für Erfolg. Nicht alle haben das erkannt. Tchibo, dm sowie Coppenrath & Wiese sind die Marken mit den loyalsten Kunden. Zu den Top-Platzierten des „Loyalitätsindex 2012“ von Serviceplan gehören außerdem Lindt & Sprüngli, Miele, Samsung, BMW, Esprit, Aldi und die Ing-Diba. Insgesamt schneiden Versicherungen und Banken jedoch schlecht ab.

96 Marken aus 15 Branchen wurden in Bezug auf Gesamtzufriedenheit, Bindung, Wiederwahl, Weiterempfehlung und Querverkauf getestet. Dazu befragte der Marktforscher Facit rund 7.000 Verbraucher. Etwas mehr als zwei Drittel der bewerteten Marken bewegen sich demzufolge auf einem „guten“ Niveau was die Kundenloyalität betrifft. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich bei etlichen Marken jedoch Nachholbedarf. Vor allem in Puncto Kundenbindung und den dazugehörigen Kategorien „Wiederwahl“, „Weiterempfehlung“ und „Cross-Selling“ schneiden viele Marken eher schlecht ab und können ihr Gesamtergebnis letztlich nur über die allgemeine Kundenzufriedenheit retten.

Persönliche Daten bleiben ungenutzt
Besonders auffällig sei, dass gerade jene Branchen, die im Gegensatz zu den Gewinnern, über persönliche Daten ihrer Kunden verfügen, im Ranking die hinteren Plätze besetzen, so Sandro Götz, Geschäftsführer von Serviceplan One und Experte für Dialogmarketing. Hierbei handelt es sich um Versicherungen, Finanzdienstleister sowie Telekommunikationsanbieter. Schlusslichter sind die Allianz, die Deutsche Bank, Generali, Zurich und die Commerzbank. Dass diese Unternehmen unnötig Potenzial verschenken, zeigt das gute Abschneiden der Ing-Diba, die den zehnten Platz belegt. (Quelle: acquisa)


Verbraucher vertrauen Gütesiegeln

Nichts geht über Sicherheit. Dies gilt insbesondere im E-Commerce. Mit 96 Prozent kaufen so gut wie alle regelmäßigen Internetnutzer in Deutschland online. Dabei verlassen sich 80 Prozent auf Bewertungen Anderer, zwei Drittel legen Wert auf ein Gütesiegel. Diese Zahlen liefert eine Sonderstudie im Rahmen des (N)Onliner Atlas 2012.

Laut Studie hält die Angst der Verbraucher vor dem Missbrauch persönlicher Daten noch immer einige davon ab, im Internet einzukaufen. Für knapp die Hälfte der Nicht-Käufer ist dies der Hauptgrund. Dabei haben 43 Prozent der Befragten noch keine schlechten Erfahrungen gemacht. Um das Vertrauen der Kunden zu gewinnen, eignen sich sicherheitsbezogene Maßnahmen demnach besser als Preisgestaltung oder Service-Angebote. Die Befragten wünschen sich vor allem Transparenz sowie Rechte und Sicherheit.

Datenschutz und Vertrauen

Zwar kauften immer mehr Verbraucher im Internet, dennoch sei es für Online- und Versandhändler ein wichtiges Anliegen, Neueinsteigern und regelmäßigen Käufern gleichermaßen eine hohe Sicherheit zu bieten, sagt Christoph Wenk-Fischer, Hauptgeschäftsführer des bvh. Der Einsatz von Gütesiegeln sei hierbei erste Wahl. Diese würden schnell von Verbrauchern wahrgenommen und auch an anderer Stelle wiedererkannt. Das schaffe Vertrauen. 63 Prozent der Onliner entscheiden sich daher eher für einen Shop mit Gütesiegel.

Die Studie wurde initiiert durch die Initiative D21, dem Bundesverband des Deutschen Versandhandels (bvh), dem Gütesiegel Ehi Geprüfter Onlineshop, Trusted Shops sowie Tüv Süd. Tns Infratest hatte mehr als 1.000 Internetnutzer ab 15 Jahren über ihre Einstellungen und Erfahrungen mit Online-Shops und Gütesiegeln befragt. (Quelle: acquisa)

Facebook-Aktie stürzt ab: Was taugt Kundengewinnung mit sozialen Netzwerken?

Der Facebook-Börsengang war ein Flop – der Aktienkurs hat sich zwischenzeitlich halbiert. Vor allem die mobile Nutzung macht dem Zuckerberg-Projekt zu schaffen. Auch bei professionellen Nutzern macht sich Ernüchterung breit: Wie groß ist das Potenzial von sozialen Netzwerken in der Kundengewinnung tatsächlich?

Der Aktienkurs leidet, weil Facebook aus Sicht der Marktteilnehmer nicht glaubhaft darlegen kann, wie sich die Werbeeinnahmen deutlich steigern lassen. Die mobile Nutzung erfordert hier neue Konzepte, weil sich auf den kleinen Bildschirmen tragbarer Endgeräte weniger Werbung unterbringen lässt. Es gibt aber noch andere Baustellen: Die Entwicklung der Nutzerzahlen scheint die Erwartungen nicht zu erfüllen. Immer mehr Nutzer berichten zudem darüber, ihren Account nicht mehr so häufig zu nutzen. Das muss für alle ein Alarmsignal sein, die mit Facebook und anderen sozialen Netzwerken Kunden gewinnen wollen.

Viele Informationen, wenig Sichtbarkeit
Soziale Netzwerke machen es sehr einfach, mit einer großen Anzahl von Personen in Kontakt zu treten. Da sich die Nutzer im Hinblick auf ihre Interessen und ihre anderen Kontakte teilweise „outen“, ist eine zielgruppenspezifische Ansprache möglich. Mit der Anzahl der wechselseitigen Kontakte sinkt aber deren Qualität. Auch Gelegenheitsnutzer von Facebook haben mittlerweile hunderte von Kontakten, deren Aktivitäten sie aber kaum noch wahrnehmen – und wenn, dann weil zu dem Kontakt eine besondere Beziehung besteht. Wo Kundengewinnung über soziale Netzwerke ausschließlich auf die Anzahl der Kontakte abzielt, unterscheidet sie sich nicht elementar von einer Postwurfsendung.

Singularität als Erfolgskriterium
Wer im Web 2.0 auf sich aufmerksam machen möchte, muss kreativ sein und eine Aktion ins Leben rufen, die für Aufmerksamkeit sorgt. Vor allem kleine Unternehmen setzen auf den Selbstverbreitungseffekt von kleinen Incentives, die Bekannte sich untereinander empfehlen. Taschenrechner, Kugelschreiber, Fußbälle etc. werden mit dem Firmenlogo versehen und über Faceobook, Twitter und Co unter die Leute gebracht. Ob die Streuungsverluste dabei wirklich signifikant geringer sind als beim Verteilen von Werbegeschenken in der Fußgängerzone, müssen Untersuchungen noch zeigen. (Quelle: Finanzwirtscahft.de)

Nur jedes dritte Unternehmen nutzt soziale Netzwerke

Gut zwei Drittel der österreichischen Unternehmen nützen keine "sozialen Netzwerke" im Internet - und wenn es um harte Fakten etwa um die Bonität von potenziellen Geschäftspartnern geht, verlassen sich viele lieber auf Wirtschaftsauskunfteien.

Das ergibt eine Umfrage des KSV 1870, der allerdings selbst eine Wirtschaftsauskunftei ist. Wichtige Informationsquellen sind auch Geschäftsfreunde und eigene Außendienst-Mitarbeiter. Von den 32 Prozent der befragten Unternehmen, die soziale Netze nützen, tun es die meisten für Imagezwecke, also für Werbung und PR. Am beliebtesten ist der Börseneuling Facebook (77 Prozent), gefolgt von der Plattform Xing (55 Prozent). Weit abgeschlagen ist Twitter mit 18 Prozent. LinkedIn wird von 16 Prozent genutzt. (Quelle: nachrichten.at)

Wie wird das digitale Erbe geregelt?

Profile bei sozialen Netzwerken oder Mail-Accounts bestehen auch nach dem Tod eines Menschen fort. Um sie löschen zu können, müssen Angehörige meist die Sterbeurkunde vorlegen. 

Um ein Testament kümmern sich viele schon zu Lebzeiten. Vergessen wird jedoch häufig, auch das digitale Erbe zu regeln. Doch was passiert mit Mail-Postfächern und Facebook-Konten, wenn jemand stirbt? Wir zeigen, worauf Hinterbliebene achten müssen.

Notebook und Computer sind auch für Senioren kein Fremdwort mehr. 33 Prozent der über 65-Jährigen nutzen das Internet, und immerhin 14 Prozent sind in sozialen Netzwerken aktiv, wie aus Zahlen des IT-Branchenverbandes Bitkom hervorgeht. Um ihr digitales Erbe machen sich die meisten keine Gedanken - und lassen nach ihrem Tod Hinterbliebene zurück, die nach Passwörtern für den Rechner und Zugangsdaten für E-Mail-Accounts, soziale Netzwerke oder andere Internetdienste suchen. Im Idealfall hinterlegen Senioren die Daten oder Angaben über deren Aufbewahrungsort zu Lebzeiten bei einer Vertrauensperson oder einem Notar.

Wenn dem nicht so ist, kommt einige Arbeit auf die digitalen Erben zu. Nicht nur der eigene Rechner muss aufgeräumt und nach wichtigen Dokumenten durchforstet werden. Auch Mail-Postfächer, Facebook-Konten oder andere Spuren im Netz müssen gelöscht oder in einen Erinnerungsstatus versetzt werden.

Worauf Hinterbliebene dabei achten sollten:

  • Passwörter
  • Löschen von sozialen Netzwerken (Facebook-Konten etc.)
  • Zugangsdaten für E-Mail Accounts
  • Internetdienste
  • Zugriff von auf dem Rechner hinterlegte Dokumente/ Daten
  • Abwickeln von Internetgeschäften (Internetkäufe etc.)
Online-Werbemarkt auf Rekordniveau -  Zwölf Prozent Wachstum

Der deutsche Online-Werbemarkt steuert 2012 zielsicher auf ein neues Rekordniveau zu. Der Online-Vermarkterkreis (OVK) im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) meldet Bruttowerbeinvestitionen in Höhe von 6,44 Milliarden Euro. Die Prognose vom Frühjahr wurde noch einmal nach oben korrigiert.

Insgesamt zwölf Prozent wird das Wachstum demzufolge in diesem Jahr ausmachen. Mit einem Anteil von rund 22 Prozent festigt das Internet somit seine Position als zweitstärkstes Werbemedium. Der Online-Werbemarkt habe sich im ersten Halbjahr über den Erwartungen entwickelt, kommentiert Paul Mudter, Vorsitzender des OVK, die Ergebnisse des „Online-Reports 2012/02“. Auch für das zweite Halbjahr werde ein neuerliches Wachstum erwartet.

Klassische Online-Werbung als Treiber
Sowohl der größte Anteil als auch die größte Wachstumsrate des Online-Bruttowerbevolumens entfallen auf klassische Online-Werbemaßnahmen. Dahinter folgen Suchwortvermarktung und Affiliate-Netzwerke. Mit 3,74 Milliarden Euro (plus 14 Prozent) entfällt ein Anteil von 58 Prozent auf klassische Online-Werbung. Auf Suchwortvermarktung fallen noch Investitionen in Höhe von 2,28 Milliarden Euro, auf Affiliate-Netzwerke 411 Millionen Euro.

Media-Mix im Wandel
Die OVK-Prognose verdeutlicht die Verschiebungen im Media-Mix: Der Abstand des bisher zweitplatzierten Internet auf die auf Platz eins liegende Mediengattung TV mit einem Gesamtanteil von 38,2 Prozent wird bei etwas mehr als 16 Prozentpunkten liegen. Damit verringert Online den Abstand um 2,4 Prozentpunkte. In der Folge stagnieren Zeitungen und Publikumszeitschriften oder verlieren sogar erneut Anteile am Bruttowerbekuchen. (Quelle: ProFirma)

Soziale - Netzwerke Suche Krisenmanager für Shitstorm

Auf Wutwellen in sozialen Netzwerken sind viele Unternehmen nicht vorbereitet. Ein enger Kontakt zur Internetwelt hilft in solchen Situationen - oder Hotline-Erfahrung.

Ende Juli platzte der Vodafone-Kundin auf Facebook der Kragen: „Sobald meine Verträge ausgelaufen sind, wird alles gekündigt!!!“, schrieb sie auf der Internetseite des Mobilfunkanbieters. Fehlerhafte Abrechnungen habe der geschickt, 275 Euro eingezogen, obwohl das Handy ausgeschaltet gewesen sei, und der Kundenservice könne ihr auch nicht weiterhelfen. Eine „Sauerei“ sei das Ganze. Es dauerte nur eine Stunde, bis Vodafone eine Antwort an seine virtuelle Pinnwand heftete: mit vorgestanzten Textbausteinen und dem Hinweis, die Kundin möge sich an die Beschwerdehotline wenden. Danach gingen die Kollegen vom Marketing und aus der Technik, die den Facebook-Auftritt betreuten, erst einmal ins Wochenende - und der Shitstorm brach los. So heißen Massenproteste empörter Nutzer auf Firmenseiten in sozialen Netzwerken. Einmal losgetreten, entwickeln sie sich zumeist nach dem gleichen Muster.

Bis zum Montagmorgen klickten auf der Facebook-Seite von Vodafone mehr als 60 000 Internetnutzer „Gefällt mir“ unter dem digitalen Wutausbruch an, rund 6000 kommentierten den Beitrag der empörten Kundin oder steuerten eigene Beschwerden bei, die wiederum neue „Likes“ und Kommentare auf sich zogen. Aus der Beschwerde wurde eine Woge. Bald hielten Pöbeleien und Fäkalsprache Einzug, die Flut schwappte über auf den Kurznachrichtendienst Twitter und Blogs, um schließlich auch den traditionellen Medien eine Meldung wert zu sein, was neue Empörte auf den Plan rief. Immer mehr Unternehmen nutzen Facebook, Google+ und Twitter sowie die Karriereplattformen Xing und Linkedin, um Werbebotschaften unters Volk zu bringen und mit Kunden in Kontakt zu treten. Doch die verhalten sich dort nicht immer wie freundliche „Fans“. Denn öffentlichkeitswirksam Beschwerden loszuwerden, kostet auf den Plattformen nur einen Mausklick. In den vergangenen zwei Jahren sind Empörungslawinen in sozialen Netzwerken in Deutschland zur Mode geworden. Ob Henkel, McDonald’s, H&M oder ProSieben, die Deutsche Bahn, Nestlé, der WWF oder zuletzt Wiesenhof: Shitstorms scheinen jeden treffen zu können, jederzeit.

Nur wenige haben einen Plan für den digitalen Notfall

Gut darauf vorbereitet sind wohl nicht einmal Firmen der Informationswirtschaft. Das ist zumindest das Ergebnis einer Studie des Branchenverbands Bitkom: Von 172 befragten Unternehmen nutzen zwar 60 Prozent Facebook, doch nur 42 Prozent haben einen Plan für den digitalen Notfall in der Schublade. Ein Viertel der Firmen mit Facebook-Präsenz beschäftigt keinen festen Mitarbeiter für ihre Auftritte in sozialen Netzwerken, knapp ein Drittel einen einzigen, nur 41 Prozent haben zwei oder mehr. Die Hälfte der Befragten gibt den Social-Media-Mitarbeitern nicht vor, wie schnell sie auf Nutzeranfragen reagieren müssen. Von den Firmen, die Zeitfenster festlegen, veranschlagt wiederum die Hälfte eine Reaktionszeit von 24 Stunden oder mehr.

“Als wir am Montagmorgen ins Büro kamen, standen wir schon mitten im Sturm“, erinnert sich Alexander Leinhos, der die Presseabteilung von Vodafone leitet, an die Folgen von immerhin 64 Stunden Untätigkeit. In aller Eile wurde ein Team aus der PR-Abteilung, dem Social-Media-Bereich, Marketing und Kundenservice zusammengestellt, das auf allen Kanälen Fragen beantwortete, persönlich und ohne Sprachschablonen. Alle Stunde informierte der Mobilfunkbetreiber die Netzgemeinde, wie weit er mit der Aufklärung der ursprünglichen Beschwerde gekommen sei. Diese Back-ups könne man nicht an eine Agentur delegieren, sagt Leinhos. Nachdem die Kundin, die nicht unter ihrem echten Namen geschrieben hatte, kontaktiert und das Problem ausgeräumt war, dauerte es noch Tage, bis die Wogen sich glätteten.

Mehr als Stürme im Wasserglas?

Darüber, ob Shitstorms mehr sind als Stürme im Wasserglas, gehen die Meinungen auseinander. Eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey kommt zu dem Schluss, das Phänomen sei überbewertet. Leinhos sagt, die Beschwerdelawine habe keinen messbaren Schaden angerichtet, unterschätzen wolle man die Attacken trotzdem nicht. Wer mehrmals nicht auf massenweise Kritik reagiere, schade seinem Image. „Der Shitstorm war für uns ein Schuss vor den Bug“, sagt er. Vodafone behält seine Social-Media-Präsenzen jetzt rund um die Uhr im Blick, ein technisches Frühwarnsystem erkennt verdächtige Bewegungen auf den Websites, Zuständigkeiten und Entscheidungswege für den Krisenfall sind geklärt, und eine Kommunikationsschulung soll helfen, sofort den richtigen Ton zu finden.

Ob eine Wutwelle das Potential zum PR-Desaster habe, hänge nicht allein von der Stärke des Ansturms ab, sondern von seiner Qualität. Das ist die Einschätzung des Krisenkommunikationsforscher Andreas Schwarz von der Technischen Universität Ilmenau. „Zu den Faktoren, die einen Shitstorm potentiell gefährlich machen, gehören die Legitimität der Initiatoren oder Auslöser und die Legitimität ihres Anliegens“, sagt er und nennt als Beispiel für ein bedrohliches Szenario die Empörungswelle, die Greenpeace mit dem Vorwurf, Nestlé bedrohe den Lebensraum des Orang-Utans, gegen den Konzern angestoßen hat.

Aber auch unbedenklichere Fälle wie der dreiwöchige „Wurstkrieg“ der ING Diba binden Arbeitszeit und Personal. Gut 20 Vegetarier und Veganer sorgten im vergangenen Sommer auf der Facebook-Seite der Bank für Wirbel, weil Dirk Nowitzky in einem Werbespot eine Scheibe Fleischwurst isst, und lieferten sich eine wütende Debatte über Fleischkonsum und Tierrechte mit bis zu 2500 Kommentaren täglich. „Wir hätten unsere Hausregeln durchsetzen und die Posts löschen können“, sagt André Kauselmann von der Unternehmenskommunikation. Doch das löst in der Regel noch aufgebrachtere Reaktionen aus. Stattdessen habe das Social-Media-Team sich wie der Gastgeber einer WG-Party verhalten, moderiert und Toleranz gezeigt, bis das Spektakel vorbei war - eine willkommene Form der Selbstdarstellung.

Den World Wildlife Fund (WWF) Deutschland hat dagegen vor einem Jahr eine Empörungswelle getroffen, die einen fundamentalen Wert zu unterspülen drohte: seine Glaubwürdigkeit. Auslöser war ein Dokumentarfilm, der die Organisation beschuldigte, mit umweltzerstörenden Konzernen zu kollaborieren. Die Auseinandersetzung darüber, ob der Film ein falsches Bild vermittelt oder nicht, führen inzwischen Anwälte. Die Netzgemeinde reagierte schon mit einem Sturm der Entrüstung, als die Erstausstrahlung im Fernsehen lief.

Kritik bis hin zu Morddrohungen

Damals kümmerte sich eine einzige Mitarbeiterin um die deutschen Social-Media-Auftritte der Umweltschützer. 1700 Fragen stürmten allein in den ersten zwei Tagen des Shitstorms auf sie ein. In den folgenden vier Wochen zählte der WWF Deutschland 4,6 Millionen Kontakte auf seiner Facebook-Seite, 839.000 Kontakte auf Twitter, 26.000 Views auf seinem Youtube-Kanal und 263.000 Besucher auf der Homepage. „Burning House“ nennt Astrid Deilmann das, da helfe nur noch maximale Transparenz. Deilmann leitet die Abteilung Digitale Kommunikation der Umweltschutzorganisation in Deutschland, die nach der Kritikwelle geschaffen wurde.

Vier Wochen mit zehn Personen quasi rund um die Uhr alle Fragen beantworten, rasch Informationen aus vertrauenswürdigen Quellen herbeischaffen und der Kritik standhalten, die schnell persönlich wurde und sich bis zu Morddrohungen steigerte, das bedeutete der Shitstorm für den WWF. Der Großteil der wütenden Nutzer seien keine Netz-Randalierer gewesen, sondern emotional tief getroffene Sympathisanten oder Förderer, also die wichtigste Klientel, erzählt Deilmann. „Die Leute da draußen sind klug, sie recherchieren hervorragend und zeigen Defizite auf. Das haben wir auf die harte Tour gelernt.“ Der WWF habe heute zwar mehr Mitglieder, Follower und Fans als vor der Krise, aber Deilmann ist überzeugt: Ihre Organisation ist jetzt vorbelastet. Beim nächsten Mal werde man noch weniger Zeit haben, Vorwürfe auszuräumen.

Gespür für die Netzgemeinde ist wichtig

Der WWF hat sich gewappnet: mit einer neuen Kommunikationsabteilung, Dienst- und Einsatzplänen für den Notfall und einer Social-Media-Redakteurin, die sich nur um Fans und Follower kümmert. Motivierte Anhänger gelten als wichtige Verbündete in der Auseinandersetzung mit aufgebrachten Kritikern. Der Informationsfluss zwischen dem Büro in Deutschland und Projekten im Ausland wurde verbessert, Fragen beantwortet die Organisation auch auf einer Dialogplattform.

Wer Shitstorms managen soll, muss ein Gespür dafür haben, wie die Netzgemeinde tickt. „Wenn sich ein Unternehmen in die sozialen Netzwerke wagt, sollte es eine Strategie damit verfolgen und Kommunikationsfachleute nach vorne schicken“, sagt der Forscher Andreas Schwarz. Denn letztlich ginge es auch ohne Krise darum, Stimmungen in der Online-Community aufzufangen. Dass sich als Social-Media-Beauftragte bestens Menschen eignen, die jünger als 30 Jahre sind, ist die Erfahrung von Astrid Deilmann vom WWF. Die frühere Journalistin ist zwar wenige Jahre älter, hat aber schon während des Studiums eine, wie sie findet, hervorragende Zusatzqualifikation für die Bewältigung von Shitstorms erworben: als Aushilfe in einer Beschwerde-Hotline. (Quelle: F.A.Z.)