Eine spannende Entscheidung zum AGG wird derzeit im Fall einer Mutter erwartet, der man im Mutterschutz die bisherige verantwortungsvolle Position entzog. Der in der Familie besprochene Rollentausch bei der Kinderbetreuung war beruflich nicht nachvollziehbar. Jetzt geht es um viel Geld...
Dem Arbeitsgericht Wiesbaden liegt eine Klage einer türkisch-stämmigen Mutter gegen ihren Arbeitgeber, die R+V Versicherung, zur Entscheidung vor. Die Klägerin behauptet eine Benachteiligung wegen Geschlechts und ethnischer Herkunft (§ 1 AGG) und verlangt ½ Million Euro als Entschädigung.
Nach Schwangerschaft als Arbeitnehmerin uninteressant?
Die Frau war als Versicherungsspezialistin bei der R+V Versicherung seit zwei Jahren erfolgreich tätig und zuständig für wichtige Kunden wie Firmen und Besserverdienende, als sie im Dezember 2006 ihren Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft informierte.
Da der Ehemann arbeitsunfähig krank ist und sie bereits ein Kind haben, beschloss das Ehepaar, dass er die Betreuung der beiden Kinder übernimmt und sie nach der ca. 3,5-monatigen Mutterschutzpause die Arbeit wieder voll aufnimmt, um die finanzielle Absicherung der Familie zu gewährleisten.
Statt zum Computer zurück: bei Kinder und Küche bleiben?
Für den Arbeitgeber war die Mitarbeiterin mit der Schwangerschaft offenbar abgeschrieben. Er sperrte mit Eintritt in den Mutterschutz ihren Computerzugang und versuchte sie vergeblich zur Elternzeit zu drängen . Als sich die Mitarbeiterin vom Arbeitsantritt nicht abhalten ließ, verlegte man kurzerhand ihre Dienstzuständigkeit in einen Bezirk, der deutlich weniger Provisionen einbringt . Selbst dort konnte die Klägerin nach Rückkehr aus dem Mutterschutz nicht tätig werden, weil die R+V Versicherung ihr den Email-Zugang gesperrt hat, so dass sie nur ein geringes Basisgehalt verdienen kann.
AGG-versichert … ?
Die Klägerin rügt nicht nur die Geschlechter-Diskriminierung , sondern ist auch davon überzeugt, dass ihre türkische Abstammung eine Rolle spielt. Außergewöhnlich und für künftige Parallelfälle von großem Interesse ist die Höhe der geforderten Entschädigungssumme . Seine pikante Note erhält der Fall durch die Tatsache, dass die R+V Versicherung als einer der Ersten am Markt eine Versicherung für Arbeitgeber bei Haftungsfällen nach dem AGG anbietet.